Aus gleich zwei Gründen ist 2025 das richtige Jahr für die Lektüre des vierten Buchs, das Stephen King unter seinem einstigen Pseudonym und mit dem Originaltitel The Running Man veröffentlicht hat: Die vor über 40 Jahren beschriebene dystopische Zukunft spielt gewissermaßen jetzt gerade und für den Herbst ist zudem eine neue Verfilmung angekündigt.
Unsere Welt ist auch hier vor die Hunde gegangen. Wirtschaftskrise, Anarchie, Nahrungsmangel, Umweltverschmutzung. Die moderne Form der Brot und Spiele findet sich in diesem Fall in makaberen Fernsehshows wieder, allen voran im bisher für jeden Protagonisten stets tödlich endenden Primetime-Format Menschenjagd. Da Ben Richards nichts zu verlieren glaubt und Frau und Tochter aus dem Slum herausholen möchte, bewirbt er sich als Kandidat, denn für jede Stunde, die er nicht von Jägern aufgespürt wird, verspricht man ihm – oder seinen Hinterbliebenen – 100 Dollar.
Einem Countdown gleich und ziemlich rasant werden die hundert kurzen Kapitel bis zum großen Finale heruntergezählt. Anders als in späteren Werken sind Abschweifungen und Detailbeobachtungen deutlich weniger ein Thema, der Charakterbildung der Figuren tut das aber keinen Abbruch.
Die aktuelle Relevanz und die düstere Voraussicht Kings – der als Bachman stets noch ein Stück pessimistischer scheint – sind erschreckend. Man stelle sich vor, das einst freie Amerika wird vom Kleptokraten des tatsächlichen Jahr 2025 an das nächste Regime gleicher Ideologie weitergereicht, anschließend noch vom einen oder anderen Diktator regiert und somit weiter alle dringenden gesellschaftlichen Herausforderungen konsequent ignoriert und verschärft … Es bedürfe nur noch einer Prise Zynismus und man befände sich genau in der beschriebenen Welt.
Die dicke Portion Systemkritik des Romans wurde durch Arnold Schwarzeneggers Verkörperung und die Verfilmung aus dem Jahr 1987 kaum transportiert und stattdessen durch markante One-Liner ersetzt. Es bleibt spannend, wie es dahingehend bei der Neuadaption auf der Kinoleinwand ausschauen wird.
Es bietet sich wohl an, Menschenjagt und Todesmarsch nicht direkt nacheinander zu lesen, sondern etwas Aufbauendes dazwischenzuschieben. Jegliche Hoffnung in die Menschheit möchte man ja nicht verlieren. Lesen aber, sollte man das Buch auf jeden Fall.
Menschenjagd von Stephen King / Richard Bachman · 400 Seiten · Heyne · 2011