Dystopische Geschichten mag ich schon alleine aus dem Grund, da die Realität einem im Vergleich sofort nicht mehr gar so schlimm erscheint. Und trotz Krieg, Klima und Trump ist, wenn man die Umstände des Romans als Messlatte nimmt, tatsächlich offenbar noch Luft nach oben.
In einer nicht näher datierten Zukunft hat der isländische Konzern LoveStar Lösungen für alle Probleme der Menschheit und alsbald die weltbeherrschende Macht: Menschen wird die „handfreie“ Steuerung ihrer technischen Geräte ermöglicht, man kümmert sich um die perfekte und fehlerfreie Partnervermittlung und sorgt der Vollständigkeit halber auch für ein standesgemäßes Ableben als Sternschnuppe. Nicht perfekte geratene Kinder können durch Rückgriff auf tiefgefrorene Ersatzexemplare „zurückgespult“ und somit Versicherungskosten der Eltern reduziert werden. Träume und Sprachzentrum? LoveStar hat auf beides Zugriff.
Die Geschichte ist ein extrem überzeichneter und skurriler Ausblick auf die Abgründe der Marketingwelt und Konsumgesellschaft, auf endlosen Größenwahn und absoluten Kontrollverlust.
Mit den für diese Art Story obligatorischen „Rebellen gegen das System“ konnte ich leider nicht so ganz mitfühlen, sie waren mir recht unsympathisch. Alternativ hätte der Geschichte ein Gegengewicht in Form einer anderen Organisation oder Instanz ganz gutgetan.
Insgesamt hat mir der SciFi-Roman mit dem schrägen Titel gefallen.
LoveStar von Andri Snær Magnason · 304 Seiten · Eichborn · 2020