Camp Snap auf Tour

Wahrscheinlich bin ich ein wenig zu spät auf der Party, aber ich konnte jetzt mal die besonders im letzten Jahr durch Social Media gehypte Fotokamera Camp Snap testen, da der Holger dankenswerterweise sein Exemplar genau für diesen Zweck auf Reisen schickt.

Der kleine Fotoapparat im Zigarettenschachtelformat besteht nahezu komplett aus Plastik – eher so Richtung Überraschungsei als die hochwertige Variante – und bringt mit unter 100 g kaum etwas auf die Waage. Es gibt keinen Bildschirm, sondern nur ein kleines LCD für Informationen, einen optischen Sucher, der nur grob zeigt, was auf der Aufnahme zu sehen sein wird, und einen winzigen Blitz samt Schalter. Ach so, und einen kleinen Lautsprecher, der Start- und Auslösegeräusche ausgibt. Einstellen kann man über den aufwendigen Weg des Firmware-Updates lediglich Presets/Filter für die Looks der Bilder und hat da dann die Wahl zwischen Standard, Schwarzweiß und Vintage.

Die 8-Megapixel-Bilder landen auf einer verbauten 4-GB-Speicherkarte und über eine USB-C-Schnittstelle tauscht man Strom gegen Bilder.
Da der Auslöser bei längerem Drücken auch gleichzeitig der Ein- und Ausschalter ist, macht man gerne nochmal Bilder, wenn man es nicht möchte.

Die Bilder sind alle unbearbeitet und lediglich für die Darstellung hier verkleinert und komprimiert.

Für Kinder?

Die Intention hinter dem Spielzeug soll den Gerüchten nach sein, dass der Erfinder seinen Kindern eine Kamera mit zum Ferienlager geben wollte und keine einfache und günstige auf dem Markt fand. Beides kann ich als Vater nachvollziehen, denn Alternativen gibt es für den Anwendungsfall in der Tat kaum. Ich drücke meinen Kindern hierfür häufig eine unkaputtbare Olympus Tough in die Hand.
Für den Einsatzzweck und die aufgerufenen 70 Euro hätte es aus meiner Sicht eine deutlich stabilere Lösung sein können, aber dass nichts verstellbar ist, man die kleine Linse kaum einsauen kann – das sind schon sinnvolle "Features". Ein Problem sind aber die Auslösezeit und die Verwacklungshäufigkeit. Schon bei mir sind viele Fotos aus diesem Grund nichts geworden – bei den Kindern passiert das eher noch häufiger.

Für Partys?

Der Verzicht auf die sofortige Bildnachschau hat einen Wert für sich und bedient den analogen Retro-Charme, während die Bildqualität für Schnappschüsse zu gebrauchen ist. Somit ist das Gerät nicht nur als Kinderkamera zu nutzen – auch etwa auf Partys, wenn die Kamera die Runde und aufgrund der Niedrigschwelligkeit jeder mal ein Bild macht, ist der Spaßfaktor schon hoch. Sie liegt dabei sogar recht angenehm in der Hand. Klar, bereits jedes Handy macht technisch einen besseren Job, aber trotzdem ist es nicht vergleichbar. Früher hatte man Einwegkameras auf den Tischen einer Hochzeit, um die Gäste zu unterhalten und schöne Erinnerungen zu sammeln. Heute könnte das eine Camp Snap sein. Bei unzureichender Beleuchtung allerdings darf man nicht auf den Blitz setzen, denn der macht eher Gruselkunstwerke.

Für Streetfotografie?

Natürlich ist der Formfaktor prädestiniert. Das Teil passt fast in die Hosentasche und ist sehr unauffällig. Den fiesen Sound muss man natürlich ausschalten, aber auch dann bleibt ein Problem: Zwischen dem Abdrücken und dem Auslösen vergeht mindestens eine halbe Sekunde. Außerdem lässt sich der Bildausschnitt nicht bestimmen, da das Sucherloch nicht wiedergibt, was auf den Sensor fällt. Die fixe Brennweite von rund 35mm passt, aber da auch Zeit und Blende nicht vorgegeben werden können, ist die Camp Snap meiner Meinung nach für dieses Thema eher nichts.

Fazit

Die Camp Snap ist ein nettes Spielzeug, das natürlich niemand ernsthaft für die Landschafts-, Tier- oder Sportfotografie nutzt. Bildqualität, Kontrast, Schärfe ist alles eher ein Kompromiss. Wenn die nächste Version den gleichen Preis kosten soll, wären mehr Stabilität und eine deutlich schnellere Auslösezeit wünschenswert. Denn Verwackler und somit Frust entstehen gerade hierdurch. Den Blitz und den Lautsprecher würde ich dafür eintauschen.

Schaut mal beim Holger vorbei, denn dort finden sich weitere Bilder seiner Camp-Snap-Fototour. Auch der Pixelboomer hatte sie schon und drüber geschrieben.

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